Politische Qualifikationen

 

 

 

Haben Sie sich auch schon manchmal gefragt, was unsere Politiker eigentlich berechtigt, innerhalb kürzester Zeit die Verantwortung für ein wichtiges Ressort zu übernehmen oder wie man bei einer Regierungsbildung vom Innen- zum Außenminister, vom Verteidigungs- zum Landwirtschaftsminister usw. und umgekehrt werden kann? Man könnte diese Frage, für eine Frage nach der Qualifikation halten. Einen wertvollen Fingerzeig gab mir neulich das Interview einer Ministerin für Wissenschaft und Kunst, einer, wie man hört, durchaus anerkannten Medizinerin. Auf die Frage des Reporters allerdings, wodurch sie sich besonders auch für die so diffizile Aufgabe der Kunst berufen fühle, antwortete sie selbstbewusst: „Ich gehe immer wieder gern in Opern“. Aha. Immerhin besser als „wenn sie gesagt hätte: „Ich esse gerne Kunsthonig“. Oder – welch ein Kalauer – „Ich habe eine künstliche Hüfte“. Damit hat sie natürliche ihren Kolleginnen und Kollegen einen wertvollen Tipp gegeben auf Anfragen nach ihrer Qualifikation entsprechend zu antworten. z.B. der oder die Umweltminister(in) könnte sagen: „Ich gehe gerne im Freien spazieren“. Dagegen könnte der/die Innenminister(in) entgegnen: „Ich bleibe lieber drinnen“. Der/die Gesundheitsminister(in) gibt als Begründung an: „Ich mache am liebsten Wellnessurlaub“. Der/die Arbeitsminister(in) antwortet mit dem schönen Spruch: „Ich könnte anderen Leuten stundenlang beim Arbeiten zuschauen“, und der/die Wirtschaftsminister(in) bekennt schlicht und einfach: „Ich esse in der Wirtschaft am liebsten Schweinsbraten“. Selbige Ministerin hat auch die „Grundqualifikation“ für bestimmte Hochschulstudien wieder aller Vernunft den Numerus Clausus mit der Durchschnittsnote Eins für den Mediziner oder auch den Grundschullehrer als wichtigste Voraussetzung betont. Wenn man weiß, was einen guten Arzt oder eine gute Ärztin auszeichnet, und, was eine Note Eins besagen kann, die immer mehr, wie Fachleute sagen, inflationiert wird, weiß, was heutzutage als wissenschaftlich gesicherte Grundlage für Qualifikation eines späteren Berufes gilt. Auch in der Hochbegabungsforschung werden ja inzwischen „sichere“ Indikatoren für „Spitzenbegabungen“ ermittelt. In der Regel bedient man sich da des sog. IQ, den man inzwischen auf ein paar Tausendstel nach dem Komma messen zu können glaubt. Dass diese Mess-Ingenieure aber gar nicht sagen können, was das I, die Intelligenz eigentlich genau ist, fällt den wenigsten auf. Allenfalls vertraut man auf die geistreiche Definition der Psychologie: „Intelligenz ist das, was man mit dem Intelligenztest messen kann.“ Das ist so, als würde man feststellen: „Wasser ist das, was man mit der Wasserwaage wiegen kann“ und Eier sind das, was die Eieruhr anzeigt. Da lobe ich mir die Aussage meines Vaters, eines gelernten Handwerkers, der mich einige Zeit beobachtete, wie ich als Drittklässler ein Bild mit einem Nagel befestigen wollte, und zu meiner Mutter sagte: „Ich glaube, den Helmut müssen wir studieren lassen. Der hat zwei linke Hände.“ Aber vielleicht zeigt sich ja die Berufseignung wirklich schon früh. Ein Kind, das gerne in der Nase bohrt, könnte darin ja seine Begabung für seinen späteren Beruf eines Höhlenforschers und Archäologen bekunden. Immerhin zeigt sich bei entsprechendem Ergebnis ja eine gewisse Fingerfertigkeit, die heute im Zeitalter der Digitalisierung das Allerwichtigste ist, die über lange Zeit gerade von Pestalozzi vertretene Dreiheit: „Kopf, Herz und Hand“ hat sich auf das Omnipotenzglauben an den Zeigefinger reduziert. Warum auch noch die anderen Körperteile und Sinne beanspruchen, wenn doch der Druck des Fingers auf den Google-Knopf die Fragen auf alle Antworten liefert und „Knopf statt Kopf“ das geheime Bildungsziel fast aller Parteien ist.

 

Dennoch sei, wenn uns gerade die Quantenphysik lehrt, dass es auch Grenzen der wissenschaftlichen Voraussage gibt, ein Zweifel an der totalen Messbarkeit der Qualifikation und Erziehung für einen zukünftigen Beruf von meiner Seite gestattet. Und damit schließt sich mein Kreis, der bei der Politik seinen Anfang nahm, mit dieser kleinen Szene.

 

 

 

Werdegang eines Politikers

 

Sprecherziehung

 

 

 

Erster Akt

 

Du du du du du

 

Da da da da da

 

Gu gu gu gu gu

 

schau hi, er spitzt scho sei Munderl,

 

also wia wenn er etwas sagen wollt!

 

Gu gu gu gu gu

 

a so a gscheits Kind.

 

Des redt bestimmt bald.

 

 

 

Zweiter Akt

 

A Ruah is jetzt mit dem Gschroa.

 

Mit dem Schreihals konn ma net oamal ungstört de

 

Sendung ohörn.

 

Psst pssst

 

 

 

Dritter Akt

 

I woaß gar net, was mit dem Kind los is.

 

Drei Jahr is er jetzt scho alt.

 

Wenn des so weitergeht,

 

müaß ma no zu so am Dings,

 

an Sprachtherapeuten,

 

weil er no koa oanzigs Wort sagt

 

außer seim pssst pssst.

 

 

 

Vierter Akt

 

Der Bua redt ma no a Loch in Bauch.

 

Red net oiwei dazwischn, wenn se Erwachsene unterhalten!

 

Mit vollem Mund spricht man nicht!

 

Ja, was is denn des, was da in deim Zeugnis steht:

 

„Stört ständig den Unterricht durch Schwätzen.“

 

 

 

Fünfter Akt

 

Da muaß i Eahna recht gebn,

 

aa wenn's unser Sohn is, muaß ma sagn,

 

ma kaannt eahm stundnlang zuhörn bei seine Wahlredn.

 

Wia der de andern übern Mund fahrt, gell!

 

Ja, ja auf's Mäu is unser Bua gwiß net gfalln.

 

A bisserl stolz san mia natürlich, dass ma scho von

 

früah o alls Mögliche do habn für sei sprachliche Entwicklung.

 

 

 

Helmut Zöpfl